Große Fachexkursion in den Harz
von admin
Mit Besuchen in Hannover, Peine und Goslar
Der Weg ist das Ziel. Dieses gilt es vorwegzuschicken zur der großen Fachexkursion der VSVI Bremen im Jahr 2025. Schon immer trieb die Organisatoren der Fachexkursion der Gedanke um, auf dem Brocken zu übernachten. Damit war der Fixpunkt für die Fachexkursion gesetzt.
Und was liegt da mehr auf der Hand, als auf dem Weg verschiedene Punkte anzufahren, die tiefe Einblicke in Materialgewinnung, Materialvereinbarung, Klimaschutz und Bauaktivitäten ermöglichen. Das Thema fachlicher Nutzen wird bei den VSVI Fachexkursionen großgeschrieben und somit wurde in diesem Jahr eine Fachexkursion konzipiert, die mit der Gewinnung von Materialien begonnen hat und auf Niedersachsens höchstem Punkt endete. Aber der Reihe nach:
Am 08. und 09. Mai 2025 machte sich eine wieder über 20-köpfige Gruppe an interessierten VSVI-Mitgliedern auf die Reise. Erster Programmpunkt war die Besichtigung einer gigantischen Baustelle mitten im Herzen Hannovers: Der Südschnellweg. Seitens der Niedersächsischen Landesbehörde für Verkehr (NLStBV) wird dieses Projekt bereits seit einigen Jahren betreut und wie wir von dem Bereichsleiter Bau und Projektleiter Herr Wunderling erfahren konnten, mit viel Leidenschaft betrieben. Als Hintergrund für diese Baumaßnahme ist ein Blick auf das übergeordnete Verkehrsnetz um Hannover wichtig. Während die Autobahnen A2 und A7 auf der West-, Nord- und Ostseite Hannovers den übergeordneten Verkehr abwickeln, fehlt eine leistungsfähige Verbindung auf der Südseite. Die Verkehre, die auf dieser Achse unterwegs sind, werden innenstadtnah über den Südschnellweg geführt, mitten durch den Stadtteil Döhren und über die Ricklinger Kiesteiche hinweg.
Ausgangspunkt des Projektes war die Nachrechnungskampagne des Bundes, die auch die Brückenbauwerke des Schnellwegenetztes aus den 50er und 60er Jahren erfasst hat. Es wurden an dem vorhandenen Bauwerk diverse Tragfähigkeitsdefizite, eine eingeschränkte Restnutzungsdauer sowie nicht mehr zeitgemäße Fahrbahnbreiten und fehlende Mittelstreifenüberfahrten festgestellt. Genug Gründe, um über Alternativen nachdenken zu müssen. In einem umfassenden Planungsprozess wurde der Ersatzneubau der vorhandenen Hochstraße ebenso wie eine Tunnellösung untersucht. Am Ende ist eine Kombination herausgekommen, die eine Tunnellösung im Bereich der Wohngebiete und eine neue Brückenlösung im Bereich der Ricklinger Kiesteiche vorsieht. Hier waren explizit Belange des Naturschutzes und der Naherholung zu berücksichtigen, Rahmenbedingungen, die den Bau eines zu verbreiternden Verkehrsweges nicht vereinfachen. Und auch archäologische Aspekte waren zu berücksichtigen.
Nach sechs Jahren planerischer Vorarbeit wurde Baurecht für das Bauwerk erlangt. Es kann also doch schnell gehen! Und auf dieser Grundlage wurden in jüngster Zeit der Abriss der vorhandenen Hochstraße, der Bau einer Behelfsbrücke, deren eine Gründungsseite bereits Bestandteil des zukünftigen Tunnelbauwerks sein wird, umgesetzt. Umweltfachliche Themen, wie z. B. die Umsiedlung eines Biberpärchens in ein Ersatzhabitat gehören ebenfalls zu den ersten Aktivitäten, die eingeleitet wurden.
Und im Anschluss an den umfassenden Vortrag der NLStBV wurde die Baustelle begangen. Großes Kino für alle Bauingenieurinnen und Bauingenieure.
Weiter ging es dann nach Peine zu der Werksbesichtigung bei einer Tochter der Salzgitter AG mit dem wohl bekannten Namen: Peiner Träger GmbH. Hier wurden fachliche Informationen zum Produktionsprozess Stahlprodukten gegeben, die mittlerweile einen großen Schwerpunkt bei der Co2-Reduktion haben. Die Salzgitter AG produziert an dem Standort ca. 1 Mio. Tonnen pro Jahr mit ca. 800 Mitarbeitern. Die Vorstellung des Herstellungsprozesses konnte im Anschluss an den Vortrag bei einer Werksbesichtigung detailliert nachvollzogen werden. Spektakulär, der Gang durch die gigantischen Produktionshallen. Wie wichtig ist es doch für die Bauingenieure nicht nur mit fertigen Produkten zu arbeiten, sondern auch zu verstehen, wie Materialien produziert werden und welche Rahmenbedingungen eine Rolle spielen. Neben der Produktpalette, die am Standort Salzgitter produziert wird, wurden detaillierte Informationen zu Nachhaltigkeitsansätzen gegeben. Ziel ist es, die Stahlproduktion zukünftig möglichst Co2-arm umzusetzen. Wie in so vielen Bereichen gilt auch hier der Nachhaltigkeitsgedanke und man verpflichtet sich den Maßnahmen, die aus dem Klimawandel heraus erforderlich sind.
Im Anschluss ging es dann weiter zur Brockenbahn. Diese war das zweite Fortbewegungsmittel auf der Fachexkursion, spektakulär, einzigartig und ein wundervolles Fotomotiv. Wie schön, dass sich die Harzer Schmalspurbahn dem Erhalt der historischen Bahnen verschrieben hat. Und wie Komplex dieses Vorhaben ist, zeigte Katrin Müller, Geschäftsführerin der Harzer Schmalspurbahnen im Zuge eines Fachvortrages zu betrieblichen, technischen und organisatorischen Rahmenbedingungen des Schmalspurbahnbetriebes. In Zeiten knapper Kassen eine große Herausforderung, die sich aber mit dem historischen Wert der Anlage begründen lässt. Und natürlich ist dies nicht nur eine Reise für Bauingenieure, sondern auch für jede Menge Touristen, die jedes Jahr den Harz erkunden und wie die VSVI-ler auf den Brocken fahren. Der Abend am Brocken und der folgende Morgen waren wettertechnisch spektakulär. War doch zu lesen, dass an über 300 Tagen am Brocken keine klare Sicht über das niedersächsische und sachsen-anhaltinische Umland gegeben ist. Die VSVI hat großes Glück gehabt: Klare Sicht am Abend und am Morgen, spektakuläre Sonnenunter- und -aufgänge, keine Temperaturen im einstelligen Bereich, ein bemerkenswertes Erlebnis.
Der Morgen des zweiten Tages startete mit einer Erkundung des Umfeldes des Brockens und einer Besichtigung des Brockenmuseums. Neben den technischen Aspekten waren hier historische Informationen einzusammeln. Der Fall der Mauer und die explizite Situation am Brocken davor und danach wurden beeindruckend aufgearbeitet. In diesem Zuge sei auch erwähnt, dass die Zusammensetzung der Exkursionsgruppe auch neben den fachlichen Themen einen hohen Umfang an persönlichem Austausch mit sich gebracht hat. Gerade an derart historisch bemerkenswerten Orten ließ sich der Austausch zwischen jung und alt gut an.
Vom Brocken ging es dann weiter in die Tiefe. Das Rammelsbergwerk nahe Goslar war die letzte Etappe der Fachexkursion. Hier ging es zu den Ursprüngen der Stahlproduktion. Auch ein spektakulärer Eintritt in die Vergangenheit, da das Bergwerk mittlerweile stillgelegt ist und als Museum genutzt wird. Und was liegt da näher als mit der Grubenbahn in den Berg einzufahren und detaillierte Erläuterungen zum Abbauprozess, zur Erzgewinnung und zu den Arbeitsrahmenbedingungen in den vergangenen Jahrzehnten zu erhalten. Auch hier ein leidenschaftlicher Vortrag von der Fremdenführerin, die den Gewinnungsprozess anschaulich erläuterte.
Und pünktlich landete die VSVI am Freitagabend wieder in Bremen. Ein herzlichen Dankeschön an alle Organisatoren der Fachexkursion und die diversen Vortragenden, die mit viel Leidenschaft und Begeisterungsfähigkeit ihren jeweiligen Bereich vorgestellt haben. Und wie schön, dass das Arbeitsfeld der BauingenieurInnen so umfassend ist. Von der Gewinnung des Materials bis zur Verarbeitung auf der Baustelle. Alles Themen, die uns in der täglichen Arbeit beschäftigen.
Und die Mitglieder der VSVI Bremen dürfen schon gespannt sein, wohin es uns auf der großen Fachexkursion 2026 treiben wird.
Markus Mey
BPR Ingenieure GmbH & Co. KG